" It's a funny thing about comin' home. Looks the same, smells the same, feels the same. You'll realize what's changed is you."

The curious case of Benjamin Button

Sonntag, 27. September 2015

Dancing in the rain

Geschätzt habe ich meinem Blog seit drei Monaten kein Update mehr verliehen. Den ein oder anderen Tag saß ich an meinem Computer und habe versuchte die ganzen Ereignisse ich Worte zu fassen, habe mich aber nicht wirklich in der Lage gefühlt, es auch wirklich zu veröffentlichen. Es ist einiges passiert und ich war nicht immer Miss Optimismus, aber wie es die gute Vivian Greene so schön gesagt hat: "Life isn't about waiting for the storm to pass. It's about learning to dance in the rain."
Nun gut, wo soll ich anfangen..

Mein letztes Au Pair Meeting unter Arienne stand an - Moody Gardens, Galveston. Eine 2 stündige Fahrt entfernt von den Woodlands. Wenn schon ans Meer, dann richtig, dachten wir uns, Johanna, Lisa und ich. Mal wieder etwas spontan ein Hotel gebucht und auf die I-45.
In dieser Nacht hat sich einiges getan - nicht nur für uns, but worldwide:

Ich hatte ja schon erwähnt, dass Amerika endlich eingesehen hat, dass wir uns nicht mehr im 19. Jahrhundert befinden - jedenfalls wurde die Ehe zwischen dem gleichen Geschlecht nun endlich in allen 50 Staaten legalisiert! (Herzlichen Glückwunsch!)
Wenn schon in Houston, dann auch gleich mal Richtung Piola - Italiano Italiano, meine Freunde. Durch Zufall haben wir von der Pride Parade mit bekommen, die sich wohl so durch Downtown zieht. Unglaublich wie viele tausend Menschen sich in nur so kurzer Zeit auf diesem Platz versammelt haben. Es ist gar nicht zu beschreiben, wie groß die Freude war - was für eine Last von manch einem abgefallen ist. Herzerwärmend! Da kommt schon mal Gänsehaut auf :) Nunja, auf jeden Fall haben wir so zwei Jungs kennengelernt - Preston und mmm, so ein anderer halt. Beide super liebe Typen. Einer auf jeden Fall schwul, den zweiten konnte ich nicht ganz einschätzen, aber ist ja auch nur Nebensache. Wir gleich mal Nummern ausgetauscht, nachdem die beiden uns zum feiern eingeladen haben. South Beach Houston heißt der Club. Wir haben uns also auf den Weg gemacht, hatten aber nicht mit SO einer Menschenmenge gerechnet (angeblich war Kesha da), auf jeden Fall war parken unmöglich! Nach langem Überlegen haben wir uns also entschieden weiter zu fahren zu unserem eigentlichen Ziel: Galveston. Irgendwann so gegen 2AM haben wir es dann auch zu unserem wunderschönen Hotel direkt am Meer geschafft - nicht.. das Hotel, wie doch so schön online beschrieben, war nämlich gar kein Hotel, mehr so ein Motel. Der Blick auf den Pool war dann auch mehr so ein Blick auf ein grünes, veralgtes Etwas und nun ja, in Amerika waren wir irgendwie auch nicht mehr so ganz, denn kommuniziert wurde mit uns auf Indisch. Die Goldfische im Wasser, die Armen haben sich auch schon lange nicht mehr bewegt und die Tür zu unserem Zimmer musste man mehr eintreten, als aufschließen. Aber hey, wir wären nicht wir, würden wir nicht trotzdem das Beste aus der Situation ziehen! Ich habe uns dreien nämlich Hennah Farbe zuvor besorgt, also haben wir uns ans Werk gemacht. Wer braucht schon Gebrauchsanweisungen? Als wir dann jeglichen Platz unserer Handgelenke vollgemalt und Lisa nun "T E X A S" über ihr ganzes Bein geschrieben wurde, ist uns aufgefallen, dass der Spaß 6 Stunden einwirken muss, bis man damit wieder in Berührung kommen kann. Haha, erzähl uns das mal - um 3:30AM, eben noch jeweils $75 für eine Nacht im Motel gezahlt.
Wie auch immer, ich glaube, keiner von uns war jemals so froh auszuchecken. Um 9 hieß es dann also, raus hier und nach einem entspannten Frühstück weiter zu Moody Gardens zu unserem monatlichen Au Pair Meeting, diesmal mit all den Au Pairs der Region.
Moody Gardens ist fun! Drei sehr große Gläserne Pyramiden. Eine zum Thema Dschungel, eine zum Thema Wasserleben, die dritte habe ich leider nicht zu Gesicht bekommen. Ich steh jetzt nicht so auf Fische, aber die Dschungel-Pyramide war wirklich schön. Überzeugt euch selber ;)
Nach unserem Lunch/Dinner at Rainforest Café, konnte ich aber auch nicht mehr auf mein Bett warten, und mir standen noch 3 Stunden Autofahrt bevor...

Das kommende Wochenende war es dann auch endlich soweit - 4th of July! Es gibt keinen Verglich für einen Tag wie diesen. Weihnachten, Ostern, Geburtstage - nichts gegen den Independence Day! Das Schöne ist, dass es an diesem Tag nicht um Geschenke geht. Mein Plan?
Ich habe mir den Tag aufgeteilt - morgens war ich mit meiner Gastfamilie auf der Woodlands Parade und etwas nettes essen und dann habe ich auch schon wieder meine Mädels abgeholt und bin zu Steffen gefahren. Auf dem Hügel des Sabine Parks, mit Ausblick auf die wunderschöne Skyline Houstons haben wir es uns dann erstmal mit Millionen von anderen Menschen gemütlich gemacht und der Sonne zugesehen wie sie sich langsam von uns verabschiedet. Sobald es dunkel wurde ging das Feuerwerk los. Ich habe so etwas noch nie gesehen und kann es auch kaum in Worte fassen. Mir ist bis heute unerklärlich wie so eine riesige Masse von Mensch so leise werden konnte - keiner hat mehr einen Muchs gemacht, während sich die Explosionen im Himmel in unseren Augen spiegelten.
Das Feuerwerk war vorbei, unsere Nacht aber noch lange nicht. Uns kam dieser Club in den Kopf. Wie hieß der noch gleich? - South Beach! Steffen hat uns also dort abgesetzt und auf in die Menge.
Nun ja, stellt sich raus, dass ist nicht nur irgendein Club, nein das ist ein Gay Club - hups! Aber warum auch nicht? Ich glaube ich hatte noch nie SO einen Spaß in einem Nachtclub und bin mit 20 neuen schwulen besten Freunden wieder raus gegangen, unter anderem meinem Justin Schatzi :)! Hier komme ich auf jeden Fall wieder her. Time to check into Hotel Steffen - auf dem Heimweg mit unserem doch so netten Taxi Fahrer, erhalten wir folgende SMS: "Tür ist offen, Lasagne ist im Kühlschrank" - Das nenne ich wahre Freundschaft, perfekte Nacht.

Man eins kann ich euch sagen, wir haben es am nächsten Morgen einfach nicht aus dem Bett geschafft. Aber gut, Kathi wartet schließlich am Flughafen auf uns, und die Liebe hatte auch noch Geburtstag :)

Die nächsten Wochen habe ich mich ausführlich mit meinen Kiddos und Freunden beschäftigt. Wir waren des öfteren im South Beach mit Justin und Seth und ich habe mehrmals bei Kathi genächtigt. Ich hatte eine gute Zeit, aber konnte nicht verstehen, dass es sich dem Ende neigt. 365 Tage, einfach so vorbei. Eigentlich würde ich jetzt schon wieder zu Hause sein.. Eigentlich. Wie verabschiedet man sich denn bitte von seinem neuen Leben? Wie lässt man das alles hinter sich? Ich muss mich hier beim schreiben grade wirklich zusammen reisen. Jedenfalls stand mir meine Abschiedsfeier bezüglich meiner Freunde bevor. Gegen Mittag kamen meine Mädels vorbei, wir haben etwas das schöne Wetter im Pool genossen und mit meiner Gastfamilie Kuchen gegessen, bis wir uns dann alle zusammen fertig für den Abend gemacht haben und dann auf ins Piola. Mein Lieblings-Restaurant darf an so einem Abend schließlich nicht fehlen. Dort warteten auch schon all meine Freunde - Justin und Seth, Luiza und Steffen, Arienne und ihr Mann, Johanna. Nach dem Essen, wollte ich auch unbedingt noch ein letztes mal zu South Beach und nach einer wunderschönen Nacht und einigen Tränen habe ich dann Lisa und Kathi mit nach Hause genommen :)
Und dann war es soweit - mein letzter Tag in Texas..
Dieses Gefühl nach einem Jahr deine Koffer packen zu müssen, das letzte mal in diesem Bett zu schlafen, und das letzte mal mit deiner Gastfamilie an einem Tisch zu sitzen. Ich kann es nicht beschreiben. Dieses Gefühl nach einem Jahr von dieser Familie zum Flughafen gebracht zu werden, dort auch noch von deinen Freunden überrascht zu werden - und ja da heule ich doch schon glatt wieder. Dieses Gefühl nach einem Jahr alle ein letztes Mal in den Arm zu nehmen und dann einfach zu gehen. Dieses Gefühl, wenn das Flugzeug abhebt und du weißt, dass du dich doch eigentlich freuen solltest. Da steht eine neue Familie an einem anderen Flughafen in einem neuen Staat und kann es kaum erwarten dich in ihre Arme zu schließen.Aber irgendwie konnte ich mich nicht freuen - Ich habe ungelogen den ganzen Flug durchgeheult.Ich hab mir etwas aufgebaut in Texas und ich war so glücklich dort, wieso habe ich mich dafür entschieden zu gehen? Zu wissen, dass all diese Menschen hinter mir stehen und mich unterstützen mag es etwas leichter machen, aber WARUM VERDAMMT NOCHMAL SITZE ICH IN DIESEM FLUGZEUG?
Das Flugzeug bereitet sich auf die Landung vor. Zu viele Gefühle. Freude - Neugier - Trauer - Angst - Heimweh? Und da sind sie, meine 'neue Gastfamilie'.
Minuten später finde ich mich in diesem Auto wieder, mit diesen eigentlich fremden Menschen. Alle reden sie auf mich ein, zu viele Fragen, zu laut, zu viel. Die nächsten zwei Wochen, definitiv nicht die leichtesten meines Lebens. Stunden vergingen in denen ich auf meinem Zimmer verkrochen habe. Ich möchte um ehrlich zu sein nicht über meine Erfahrungen mit dieser Familie reden. Es hat sich immer und immer mehr zugespitzt und meiner Meinung nach wünsche ich keinem Menschen unter solchen Umständen Leben zu müssen. Cultural Care hat mich glücklicher weise zeitnah da rausgeholt und ich hoffe wirklich, dass dieser Familie kein weiteres Au Pair mehr zugeteilt wird. Naja 'rausgeholt' stimmt eigentlich nicht ganz. Diese Familie hat mich doch tatsächlich, nach allem was sie sich schon erlaubt haben mehr oder weniger vor die Türe gesetzt. Ich kann von Glück reden, dass ich eine so tolle LCC und ganz Texas auf meiner Seite hatte - Rematch.

Was bedeutet Rematch?
Rematch bedeutet mehr oder weniger "Vorsicht du näherst dich deinem Verfallsdatum." und tritt ein sollten Dinge mit deiner geplanten Gastfamilie nicht funktionieren. Befindest du dich im Rematch, dann gibt dir deine Organisation (in meinem Fall Cultural Care) zwei Wochen um eine neue Gastfamilie zu finden. Sollten diese zwei Wochen ablaufen, ohne dass dir eine neue Gastfamilie eine Chance gibt, bucht dir deine Agentur ohne Kompromisse der Flug zurück in deine Heimat.

Die Zeit über habe ich bei Amanda, meine LCC verbracht, welche mir meine Umstände versucht hat so leicht wie nur möglich zu machen. Auch Kim und Arienne haben mich nicht im Stich gelassen. Täglich kam Hilfe beider Seiten. Ich glaube meine Eltern haben kaum noch ein Auge zubekommen, waren aber heilfroh, dass ihre einzige Tochter endlich aus diesem Haus der ersten VA-Familie raus ist. Auf Mama und Papa ist eben immer Verlass!
Texas hat es irgendwie geschafft mich daran fest zu halten. Immer und immer wieder haben mich Kim, Arienne, meine Eltern und Freunde daran erinnert, dass ich kein Quitter bin.
Die erste Woche verging und ich glaube ich hatte schon mit 20 weiteren Familien geredet, immer und immer wieder meine Geschichte erzählt und Situation erklärt. Und dann hab ich es nicht mehr ausgehalten. Ich musste irgendwo hin. Ganz weit weg. Wo mich und meine Situation keiner kennt. Nachdem der Anfang meiner zweiten Woche auch nichts zu liefern hatte habe ich mir einen Bus nach Philadelphia gebucht. Einen Tag, ohne dass auch nur irgendwer weiß wo ich bin, wann ich zurück bin und was ich mache. Philadelphia ist eine tolle Stadt und ich habe nach 4 Wochen Chaos endlich mal wieder durchatmen können. Aufgeben, das bin nicht ich. Und ich hab auch keine Lust mehr auf das ganze Rumgeheule. Ich habe noch 2 Tage - entweder ich finde wen oder ich fliege nach Hause. So schlimm kann es doch gar nicht werden. Ich bin raus aus dieser ersten Familie und die können mir nichts mehr. Aber dann kam der Donnerstag Morgen - ein Anruf von Cultural Care: "Terminplanung für deinen Flug zurück nach Deutschland." - Das war's, hab ich gedacht. Meine Zeit in Amerika ist vorbei. Kein Reisemonat. Kein Zertifikat. Schlechte Erinnerungen. Das war's, morgen flieg ich nach Hause.
Ich muss auch ehrlich sein, ich hatte so langsam keine Kraft mehr.

Doch dann tatsächlich! Ich hab an nichts mehr Gutes gedacht. Ich hab echt gedacht das war's jetzt. und dann am letzten Tag dieser 2 Wochen ist eine weitere Familie in mein Profil gegangen. Ebenso in Virginia, der Gastvater hat mich doch gleich auf ein Treffen eingeladen und es lief super. Zwei kleine Mädels - eigenes Auto - freie Wochenende und so viel Herz. Zwei Tage später bin ich dann auch schon eingezogen und ja was soll ich sagen. Seit zwei Monaten lebe ich nun jetzt schon hier und bin ein komplett neuer Mensch, hab mein Lächeln wieder gefunden und auch meine Eltern zu Hause können wieder schlafen. Mit Kim bin ich immer noch regelmäßig in Kontakt und eben so meinen Mädels in Texas und den beiden LCCs, habe heute sogar Amanda besucht.
Ich hab hier sogar schon ein paar Mädels kennengelernt, die nicht weit weg wohnen und natürlich Sascha mal wieder getroffen, der mich mein Rematch über auch etwas betreut hat.
Was es sonst noch Neues gibt? Naja, meine Haare sind ab, hab ich einfach mal gebraucht und gespendet. Ich war gerade letzte Woche erst auf einem sehr Amerikanischen Street Festival, auf einem Disney Konzert und einem Ed Sheeran Konzert und ach ja nicht zu vergessen ich bin jetzt 20 (!!!) Jahre alt!!


Ich glaube ich hab so einiges ausgelassen, bei meinem Post dieses Mal, es ist einfach nicht möglich das alles so detailliert zu beschrieben und um ehrlich zu sein will ich über den Großteil auch einfach nicht mehr nachdenken. Bilder gibt es dieses Mal leider auch nicht, werde aber versuchen einige noch nach zu liefern. Ich jedenfalls kann es kaum erwarten Kim und die ganze Familie in 5 Monaten wieder zusehen. Ich schulde dieser Familie, Arienne, Amanda, Mama & Papa, Lisa & Kathi und all den Menschen, die so mit mir mitgekämpft haben während dieser Zeit so viel und hoffe dass der ein oder andere vielleicht gerade meine Zeilen liest. Ich bin so dankbar und so froh in jedem von euch eine zweite Familie gefunden zu haben.

You guys taught me how to dance in the rain.
Texas will always be in my heart.



Gute Nacht, Welt :)




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